Holcim Indien: Angespannte Situation auf der Baustelle eines neuen Werks eskaliert
Bauarbeiter des Erweiterungsprojekts des indischen Holcim-Werks in Jamul arbeiten unter extrem prekären Bedingungen. Letzte Woche ist die Situation eskaliert, als ein Arbeiter verprügelt wurde, als er ausstehende Löhne einforderte. Der SOLIFONDS protestiert bei der Konzernleitung in der Schweiz gegen die prekären Arbeitsbedingungen und fordert die Einhaltung von Arbeits- und Gewerkschaftsrechten.
Bundesstaat Chhattisgarh, Indien: Auf der Baustelle des neuen Zementwerks von ACC-Holcim in Jamul arbeiten geschätzte 4000 bis 5000 Leiharbeiter unter extrem prekären Bedingungen: Nicht nur sind ihre Löhne sehr tief, oft sogar unter dem Mindestlohn, teilweise werden sie nicht oder mit Verspätung ausbezahlt. Hinzu kommen illegale Abzüge – angeblich sollen damit Beiträge für die Altersvorsorge geleistet werden, das Geld wird aber nirgends einbezahlt. Die Arbeitstage der Bauarbeiter sind extrem lang, und während der letzten Monate ereigneten sich mehrere Arbeitsunfälle.
Die Situation eskalierte am 29. Januar, als ein Leiharbeiter, stellvertretend für andere Arbeiter, den ausstehenden Lohn einforderte. Vertreter der Kontraktfirma verprügelten den Arbeiter in einem geschlossenen Raum. Als die übrigen Arbeiter davon erfuhren, solidarisierten sie sich mit ihrem Kollegen. In der Folge schlugen Vertreter der Kontraktfirma und Sicherheitsleute auf die Arbeiter ein, mehrere Personen wurden verletzt.
Der Gewerkschaft der Leiharbeiter des bestehenden ACC-Holcim-Zementwerks – Pragatisheel Cement Shramik Sangh PCSS – wurde es verwehrt, zum Ort des Vorfalls zu gelangen und mit den Leiharbeitern zu sprechen. Als Rajkumar Sahu, Vizepräsident der PCSS, versuchte, Informationen zu den Vorkommnissen zu erhalten, und gegenüber dem Verantwortlichen des Holcim-Erweiterungsprojekts die schwierige Situation der Bauarbeiter darstellen wollte, schüchterte ihn dieser ein und drohte mit düsteren Konsequenzen.
Der SOLIFONDS, der seit längerem mit der Gewerkschaft der Leiharbeiter PCSS in Kontakt steht, protestiert energisch gegen dieses Verhalten der ACC-Holcim-Zuständigen vor Ort und der Holcim-Kontraktfirmen. Mit einem Protestschreiben hat er die Holcim-Geschäftsleitung in der Schweiz aufgefordert, sicherzustellen, dass die Gewerkschaft der Leiharbeiter PCSS zu den Bauarbeitern zugelassen wird und diese vertreten kann. Die Geschäftsleitung des Konzerns muss die Missstände bei den Arbeitsbedingungen und Lohnzahlungen der Bauarbeiter auf der Holcim-Baustelle möglichst rasch angehen und dafür sorgen, dass alle Leiharbeiter Existenz sichernde Löhne bekommen, welche rechtzeitig ausbezahlt werden, und dass sie unter würdigen Bedingungen arbeiten. Gemäss dem Gesetz für Leiharbeit in Indien ist der Auftraggeber, in diesem Fall Holcim, verantwortlich, wenn Kontraktfirmen ihre diesbezüglichen Pflichten gegenüber den ArbeiterInnen verletzen.
Weiter hat der SOLIFONDS die Holcim-Geschäftsleitung aufgefordert, dafür zu sorgen, dass Arbeits- und Gewerkschaftsrechte für alle Festangestellten und LeiharbeiterInnen in Holcim-Werken und Tochterfirmen garantiert werden. Arbeitskonflikte müssen durch Verhandlungen gelöst werden. Bei der Holcim-Tochter Ambuja in Baloda Bazar wurde demgegenüber die Gewerkschaft der Leiharbeiter zerschlagen, indem Mitglieder entlassen und – wie in zahlreichen anderen Fällen – mehrere Gewerkschaftsaktivisten fälschlich angeschuldigt wurden. Seither wird Leiharbeitern in diesem Zementwerk mit der Entlassung gedroht, wenn sie eine Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen fordern. Dabei liegen ihre Löhne zum Teil unter dem Mindestlohn. Leiharbeiter sind die grosse Mehrheit der Zementarbeiter – dies, obwohl Leiharbeit in der Zementbranche nur in Ausnahmefällen eingesetzt werden dürfte.
Weitere Auskünfte: Yvonne Zimmermann, Koordinatorin SOLIFONDS, Tel. 044 272 60 37