Glencore zieht sich aus der Verantwortung

Der holländische Gewerkschaftsdachverband CNV Internationaal, der SOLIFONDS und sein Träger, der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB), sowie die peruanische Gewerkschaft der Berg- und Metallarbeiter von Volcan Compañía Minera bedauern zutiefst die Entscheidung des schweizerischen Nationalen Kontaktpunkts (NKP) für die Beachtung der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen zu verantwortungsvollem unternehmerischem Handeln von Ende August. Der NKP zog sein Angebot für gute Dienste und Mediation in einem konkreten Fall gegen Glencore International AG zurück. Glencore hatte seine Vermögenswerte der Volcan Mining Company in Peru verkauft und konnte sich damit aus der Verantwortung für die Verletzung der OECD-Leitsätze für Menschenrechte und Sorgfaltspflicht ziehen. Dieser Fall zeigt, wie hilflos die OECD-Leitsätze gegenüber dem rücksichtslosen Vorgehen grosser multinationaler Unternehmen sind, und unterstreicht die Notwendigkeit einer (inter)nationalen Gesetzgebung.

Demonstration vor der Schweizer Botschaft in Lima (Peru) Ende Dezember 2021.

Glencore: jahrelange unrühmliche Rolle in Peru

Im Mai 2023 reichten die Gewerkschaft der Andaychagua Minenarbeiter (Volcan), der holländische Dachverband CNV Internationaal, der Schweizerische Gewerkschaftsbund SGB sowie der Solidaritätsfonds SOLIFONDS eine Eingabe sowohl bei der Nationalen Kontaktstelle für verantwortungsbewusstes Handeln (NKP) in Peru als auch in der Schweiz ein. Sie beklagten darin, dass die Volcan Mining Company in Peru – Tochtergesellschaft des Schweizer Multis Glencore International AG – der Andaychagua-Gewerkschaft das Recht auf Tarifverhandlungen verweigert hatte. Der Fall wurde in beiden Ländern eingereicht, da sowohl die Volcan Mining Company in Peru als auch der multinationale Konzern Glencore als Mehrheitsaktionär von Volcan gegen die Menschenrechte und die Sorgfaltspflicht verstiessen.

Die Eingabe wurde vom NKP in der Schweiz angenommen, und am 20. Februar 2024 bot der NKP aufgrund seiner Ersteinschätzungen seine guten Dienste und eine Mediation an. Die gewerkschaftliche Gruppe hinter der Eingabe nahm dieses Angebot rasch an. Glencore reagierte viel später und stimmte dem Angebot erst Ende April zu. Nur wenige Tage später, am 6. Mai, teilte Glencore dem Schweizer NKP mit, die Beteiligungen an der Volcan Mining Company an die Transition Metals AG, eine Tochtergesellschaft des argentinischen Finanz- und Investmentriesen Integra Capital, verkauft zu haben.

Im Anschluss an diese Mitteilung informierte der NKP die gewerkschaftliche Gruppe dahingehend, dass mit diesem Verkauf sein Vermittlungsangebot hinfällig sei. Mit dem Verkauf sei alle Verantwortung für die Gewährleistung der Sorgfaltspflicht von Glencore auf die Transition Metals AG übergegangen. Der Schweizer NKP argumentiert, dass Glencore im Rahmen des NKP-Verfahrens nicht für die mangelnde Sorgfaltspflicht in der Zeit vor dem Verkauf verantwortlich gemacht werden kann, da das Ziel jeder NKP-Vermittlung zukunftsorientierte Lösungen seien.

Glencore führt OECD-Leitsätze ad absurdum

Der Fall Volcan ist Beispiel dafür, wie sich multinationale Unternehmen auf skandalöse Weise ihrer Verantwortung für die Gewährleistung der Menschenrechte und der Sorgfaltspflicht in ihren Betrieben entziehen und Wege finden, Instrumente zur Sicherstellung der Rechenschaftspflicht wie die OECD-Leitlinien zu umgehen.

Wir brauchen daher eine verbindliche Gesetzgebung und Instrumente der Rechenschaftspflicht, die grosse multinationale Unternehmen zu verantwortungsvollem Geschäftsverhalten zwingen. In der EU sind mit der Verabschiedung der europäischen Richtlinie über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeit (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, CSDDD) und der Verpflichtung der Unternehmen zur Berichterstattung über ihre Fortschritte bei der Erfüllung der Sorgfaltspflicht (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) erste Schritte eingeleitet worden. Sie müssen noch von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union in nationales Recht umgesetzt werden.

Weitere Schritte gegen menschenrechtsfeindliche Unternehmen nötig

Die EU-Regulierung wird Auswirkungen auf Schweizer Unternehmen haben. Insbesondere grosse Schweizer Unternehmen wie Glencore, die in der EU tätig sind, werden von der EU-Regulierung direkt erfasst und müssen die Sorgfalts- und Berichterstattungspflichten erfüllen. Es ist an der Zeit, dass die Schweiz mit einer eigenen nationalen Gesetzgebung nachzieht, um transnationale Unternehmen wie Glencore in die Verantwortung nehmen zu können und sicherzustellen, dass die Menschenrechte in all ihren Betrieben und Tochtergesellschaften und entlang der Wertschöpfungskette respektiert werden.

Glencore auf Liste der Demokratie-gefährdenden globalen Unternehmen

Der Internationale Gewerkschaftsbund (IGB) IGB hat eine Liste von Konzernen erstellt, die die Demokratie untergraben. Auf dieser Liste figuriert das Schweizer Unternehmen Glencore unrühmlich auf Platz 4. Diese Liste des IGB ist ein fortlaufendes Projekt, welches auch in Zukunft marktführende Unternehmen ermitteln wird, die exemplarisch für die negativen Auswirkungen unternehmerischer Macht auf die Demokratie am Arbeitsplatz, in der Gesellschaft und in internationalen Institutionen stehen. Diese Unternehmen haben rechtsextremen und autoritären politischen Kräften eine Plattform geboten oder sie finanziert und sind Gegenstand aktiver Beschwerden und Kampagnen von Gewerkschaften und sozialen Bewegungen weltweit. Die Liste basiert auf öffentlich zugänglichen Medienberichten, Recherchen sowie Konsultationen mit verschiedenen Partnern.

https://www.ituc-csi.org/corporate-underminers-of-democracy-de

 
 

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